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Wie schaffst du es, Erwartungen und Prioritäten klar zu kommunizieren?

kommunikation leadership Mar 04, 2024
 

Ich erlebe es immer wieder, dass in Projektteams eine ziemliche Konfusion herrscht, wer sich eigentlich um welche Aufgabe kümmern sollte und in welcher Reihenfolge die vielen Ideen umgesetzt werden sollten. Ich halte eine derartige Situation für gefährlich, wenn sie über eine längere Zeit andauert. In diesem Beitrag möchte ich einige Tipps teilen, wie du deine Erwartungen und Prioritäten klar kommunizierst.

Wenig überraschend ist Kommunikation eine der wichtigsten Fähigkeiten, die man im Berufsleben braucht. Ob du mit deinem Chef, deinen Kollegen, deinen Mitarbeitern oder deinen Kunden sprichst, du musst in der Lage sein, deine Ziele, Bedürfnisse, Meinungen und Prioritäten deutlich auszudrücken. Aber wie kannst du das effektiv tun, ohne Konfusion, Missverständnisse oder Konflikte zu verursachen? Die folgenden Tipps basieren auf meiner eigenen Erfahrung als disziplinarische Führungskraft, Projektleiter und Product Owner - dies als Kontext, damit du meine Hinweise besser einordnen kannst.

Problematik unklarer Erwartungen & Prioritäten

Lass uns mal mit der Frage starten, warum unklare Erwartungen und Prioritäten eigentlich „schlimm“ sind. Warum sollten wir uns überhaupt mit dieser Fragestellung beschäftigen? Aus meiner Sicht ist die Antwort zweigeteilt.

  1. Die Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch, dass du deine oder ihr eure Ziele nicht erreicht. Ist ja irgendwie logisch, wenn die Ziele und Prioritäten nicht jedem Teammitglied klar sind, kann er nicht an der Erreichung arbeiten. Ich versuche diesen Punkt mit zwei Beispielen zu erläutern. Euer Unternehmen ist akut von der Insolvenz bedroht. Ihr müsst bis zum Quartalsende 0,5 Mio. EUR Cashzufluss sichern. Ein Kollege kommt strahlend auf dich zu und verkündet, dass er einen Riesendeal mit Mega-AG abgeschlossen hat - 1,7 Mio. EUR, zahlbar nach Abschluss der Integration in 13 Monaten. Das ist toll - aber bis dahin seid ihr pleite. Anderes Beispiel: Mit eurem Projektteam installiert ihr deutschlandweit ein kritisches Softwareupdate. Parallel zum Rollout kommt ihr mit dem Leadership-Team zusammen, um über die Strategie des nächsten Jahres zu sprechen. Ihr erhaltet die Nachricht, dass ein Großteil des Roll-Out-Teams wegen Krankheit ausfällt. Du hast gedanklich die Strategiearbeit verschoben und bist dabei, dir die Hände schmutzig zu machen und den Rollout zu unterstützen. Da rufen dich deine Kollegen an und fragen, ob du noch zur Strategiediskussion kommst. Alter, wenn der Rollout in die Grütze geht, gibt es eh kein Morgen mehr! Wieso ist denen das nicht klar?!
  2. Das zweite Problem mit Blick auf Unklarheit ist die Frustration der Teammitglieder. Die meisten Menschen brauchen Klarheit, Ordnung und Struktur in ihrem Arbeitsumfeld, um dauerhaft zufrieden zu sein und produktiv zu arbeiten. Auf der Ebene des einzelnen Menschen gibt es große Unterschiede, wie lange Unordnung andauern kann oder wie ausgeprägt die Ordnung sein muss, aber dauerhaftes Chaos erträgt kaum jemand. Irgendwann gehen deine Kollegen in die innere Kündigung oder wechseln tatsächlich die Arbeit. Wichtig: Schließe an dieser Stelle nicht von dir auf andere! Nur weil du die aktuelle Situation als „leicht konfus, aber nicht problematisch“ einschätzt, heißt das noch lange nicht, dass diese Konfusion deinen Kollegen fast körperliche Schmerzen zufügt.

Lösungsideen

Was also tun?

  1. Definiere deine Erwartungen und Prioritäten im Voraus. Bevor du irgendetwas tust oder sagst, solltest du dir überlegen, was du erreichen willst. Schreibe diese Punkte auf und ordne sie nach ihrer Wichtigkeit. So hast du einen klaren Überblick über deine Agenda und kannst dich darauf konzentrieren. Ich weiß, dieser Punkt klingt banal, aber deine eigene Klarheit im Kopf ist Grundvoraussetzung, um mit anderen zu sprechen. Nun ist es in der Praxis ja durchaus so, dass du manchmal selber keine Ahnung hast, was die Prioritäten sein könnten oder welche Erwartungen du an ein Arbeitsergebnis hast. Das ist auch in Ordnung - dann musst du im ersten Schritt diese Klarheit herstellen. Schließ dich für 2 Tage ein und denke nach. Mach einen Strategieworkshop mit deinem Team. Bitte deinen Kollegen um 3 Alternativvorschläge, aus denen du auswählst. Die Möglichkeiten sind vielfältig, aber so lange du keine Klarheit über Erwartungen und Prioritäten hast, hat sie dein Team auch nicht.
  2. Sei klar und präzise. Wenn du deine Erwartungen und Prioritäten kommunizierst, solltest du so klar und präzise wie möglich sein. Vermeide vage oder allgemeine Aussagen, die zu Interpretationsspielraum führen können. Verwende konkrete Beispiele, Zahlen oder Fristen, um deine Punkte zu verdeutlichen. Verwende auch eine Sprache, die für deine Zielgruppe geeignet ist. In diesem Zusammenhang: Überlege dir auch, ob rhetorische Fragen als Mittel der Höflichkeit angebracht sind und als „rhetorisch“ verstanden werden. „Könntest du bitte bei Gelegenheit das Fenster öffnen“ klingt höflich und kollegial, kann aber auch anders verstanden werden als „öffne bitte jetzt das Fenster“.
  3. Bitte dein Gegenüber, die Ergebnisse des Gesprächs zusammenzufassen. Hier ist der entscheidende Punkt nicht die Zusammenfassung, sondern dass dein Gegenüber erzählt - oder noch besser dokumentiert - was er verstanden hat. Du wirst überrascht sein, wie oft die Zusammenfassung überhaupt nichts mit deiner Intention zu tun hat, obwohl dein Gegenüber während des gesamten Gesprächs zustimmend genickt hat. Je nach Gesprächsthema kann auch eine Skizze enorm hilfreich sein. Papier ist zwar geduldig, aber das gesprochene Wort ist noch geduldiger. 
  4. Lass dir die konkreten nächsten Schritte erklären. Auch anhand der Schritte kannst du meistens erkennen, ob es in die richtige Richtung geht. Das müssen nicht die gleichen Schritte sein, die du unternehmen würdest, es geht schließlich nicht um die Frage, ob eine Aufgabe richtig erledigt wurde, sondern ob eine Aufgabe richtig verstanden wurde.
  5. Plane ein Follow-Up. Es kann immer noch passieren, dass die von dir gewünschten Aufgaben und Prioritäten anders verstanden wurden. Insofern ist es wichtig, dass du die falsche Richtung schnell genug mitbekommst. Was genau „schnell genug“ heißt, ist im Einzelfall natürlich anders. Das kann ein paar Tage oder auch ein paar Wochen sein. Entscheidend ist nur, dass du nicht am Ende von einem Ergebnis überrascht wirst, was du nicht erwartet hast.

Ich hoffe, dass dir diese Tipps helfen können, Erwartungen und Prioritäten klar zu kommunizieren. Wenn du das tust, wirst du nicht nur bessere Ergebnisse erzielen, sondern auch bessere und vor allem langfristige Beziehungen aufbauen.

Weitere Tipps & Methoden

Es gibt allerdings auch eine Sache, die du tunlichst vermeiden solltest. Sie geht auf den ersten Punkt zurück, „Klarheit im Kopf“. Vielleicht hast du unheimlich viele Ideen im Kopf und täglich kommen neue hinzu, was man mal machen könnte. Es ist für deine Kollegen / Teammitglieder / Mitarbeiter unheimlich schwer, zwischen einer losen Idee und einem konkreten Auftrag zu unterscheiden. Wenn du deine gesammelten Ideen ungefiltert auf dein Team einprasseln lässt, führt das vermutlich zu Verwirrung. „Gestern hat er doch A gesagt, heute B - was ist denn jetzt wichtiger? Was mache ich zuerst?“ Es gibt im Englischen den schönen Begriff des Seagull Managers: Fly in - crap all over the place - fly out. Tu das bitte nicht.

Schließlich noch ein Hinweis auf zwei Methoden, die dir vielleicht helfen. Ich hatte ja erwähnt, dass Ordnung für Menschen unterschiedlich wichtig ist. Aber wie kriegst du raus, ob für Kollege Meier das Thema Ordnung sehr relevant oder weniger relevant ist? Hier können dir die Moving Motivators helfen, eine Praktik aus dem Management 3.0 Fundus. Google das einfach mal. Zum anderen kann es dir passieren, dass es unterschiedliche Vorstellungen oder Wünsche zwischen dir und deinem Team gibt, in wieweit du in Themen oder Entscheidungen involviert sein solltest. Delegation ist nämlich gerade nicht schwarz-weiß. Hier kann dir die Praktik des Delegation Boards bzw. Delegation Pokers helfen, das richtige Maß zu finden. Auch diese Praktik kannst du googlen, ich verlinke dir auch ein etwas älteres Video von mir zu diesem Thema.

Fazit

Das Thema „Führung“ ist unheimlich vielschichtig, und nur ein Aspekt sind Erwartungen und Prioritäten. Es ist deine Aufgabe als Führungskraft - egal ob disziplinarisch oder fachlich - deine Erwartungen und Prioritäten klar zu kommunizieren und sicherzustellen, dass sie verstanden wurden. Sag bitte nie „mein Team hat die Prioritäten nicht verstanden“, sondern immer „ich habe es versäumt, sicherzustellen, dass mein Team die Prioritäten richtig verstanden hat“. In diesem Sinne: Viel Erfolg bei der Umsetzung!

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